Der Bundesgerichtshof BGH hat den Rechtsanwalt Wolfgang Putz am Freitag vom Vorwurf des gemeinschaftlichen, versuchten Totschlags freigesprochen.
Der Jurist hatte einer Mandantin geraten, den Schlauch mit der künstlichen Ernährung zu durchtrennen, um deren Mutter von ihren Qualen zu erlösen. Die im Wachkoma liegende Frau hatte ihrer Tochter in Zeiten mit vollem Bewusstsein, erklärt, dass sie keine lebenserhaltenden Maßnahmen wünsche, wenn sie einmal nicht mehr in der Lage sei, ihre Wünsche selbst zu äußern.
Mit seinem Urteil stärkte der Bundesgerichtshof jetzt das Recht auf ein menschenwürdiges Sterben.
Der Abbruch lebenserhaltender Behandlungen ist künftig nicht mehr strafbar, wenn ein Patient dies in einer Verfügung festgelegt hat, entschied das Gericht am Freitag in Karlruhe in einem Grundsatzurteil.
Das Schwurgericht Fulda hatte den Anwalt zuvor im April 2009 zu neun Monaten auf Bewährung verurteilt und sprach die Tochter frei, weil sie angesichts des Rechtsrats ohne Schuld gehandelt habe. Sowohl die Staatsanwaltschaft als auch der Jurist legten Revision beim BGH ein. Der entschied nun zugunsten des Anwalts.
„Das Abschalten eines Respirators oder der Schnitt durch eine Magensonde ist ein zulässiger Behandlungsabbruch“, begründete die Vorsitzende Richterin Ruth Rissing van Saan das Urteil.
In der mündlichen Verhandlung vor dem BGH hatten Verteidigung und Anklagevertreter Anfang Juni übereinstimmend auf Freispruch plädiert.
Mediziner haben sich von dem Urteil Klarheit erwartet, unter welchen Voraussetzungen bei bewusstlosen Patienten eine Behandlung abgebrochen werden kann, wenn keine Aussicht auf Besserung besteht.
Aktive Sterbehilfe ist in Deutschland aber dennoch auch weiterhin strafbar und wird mit Freiheitsentzug von bis zu fünf Jahren belegt.
Passive Sterbehilfe hingegen – der Abbruch lebenserhaltender Maßnahmen – ist zulässig, wenn der Abbruch dem Willen des Patienten entspricht. Dies muss allerdings bewiesen werden, entweder durch eine schriftliche Erklärung des Patienten, die vor der Krankheit verfasst wurde, oder anderweitige Beweise.
Bei Zweifeln müssen sich die Ärzte für das Leben entscheiden. Patientenverfügungen treffen Menschen für die Fälle, in denen es ihnen nicht mehr möglich ist, Wünsche für eine Behandlung selbst zu äußern. Sie können zum Beispiel vorbeugend untersagen, künstliche Ernährung oder Beatmung weiterzuführen.
Auch die indirekte Sterbehilfe ist in Deutschland zulässig. Darunter versteht man die Verabreichung von Medikamenten, die ein dringendes Leiden, beispielsweise starke Schmerzen, lindern, die aber durch ihre Wirkung auf geschwächte Organe möglicher Weise das Leben verkürzen. Auch hier muss die Zustimmung des Patienten bewiesen sein.
Auch die Hilfe zum Suizid ist in Detuschland grundsätzlich einmal nicht strafbar. Allerdings wäre ein anwesender Sterbehelfer zur Rettung des Patienten verpflichtet. Er würde sich also wegen unterlassener Hilfeleistung strafbar machen, wenn er keinen Notarzt ruft, sobald der Patient die tödliche Dosis eingenommen hat.
Hinterlasse einen Kommentar